Montag, 28. November 2022

Mindsets: Meine Eltern werden pflegebedürftig, was nun? Die Sicht der Angehörigen

 Meine Eltern werden pflegebedürftig, was nun? Die Sicht der Angehörigen

Was ich jetzt beschreibe ist eine Sicht auf die häufigsten Erfahrungen die ich im Bezug auf Angehörige gemacht habe.

Dabei möchte ich unterscheiden zwischen denen die Ihre Angehörigen pflegen wollen, denen die es auf keinen Fall wollen und denen die es bereits tun und so nicht mehr weiter können.

Eine Vorbemerkung die mehr oder weniger allen Gruppen zu gleich gilt:

Ein Großteil des Verhaltens, das in diesen Fällen auftritt ist für Pflegeprofis unter dem Aspekt Trauer- oder Krisenphasen zu sehen. Wer sich damit tiefergehend beschäftigen will kann das gerne unter folgendem Link tun Phasen einer Krise - quarks.de

Warum ich das anführe? Weil es in allen genannten Fällen zu einem Bruch im bisher eingeschlagenen Lebensweg kommt. Jetzt könnte man sagen, dass alle doch irgendwie damit rechnen, aber ehrlich gesagt ist das in den meisten Fällen gar nicht der Fall. Die meisten Menschen die ich kenne reden zwar über Alter und Pflegebedürftigkeit, aber sie wissen kaum worüber sie reden oder wie Pflegebedürftigkeit aussieht. Es beruht oft auf Hörensagen und Vermutungen. Warum ist das so? Warum wird Pflegebedürftigkeit versteckt? Auch da weiß der Profi direkt was dazu führt. Die beiden bekannten Gefühle Scham und Ekel. Mit dem Gedanken der Pflegebedürftigkeit umzugehen heißt, so wie es gerne mal gesagt wird, nicht mit Ausscheidungen umzugehen. Es ist das Umgehen mit dem Eindringen in den höchst privaten Bereich. In einen Bereich in den wir eigentlich nur Menschen mit denen wir eine innige Beziehung führen lassen. Lapidar gesagt heißt es sich nackt zu machen und nicht nur im Wortsinn sondern auch die Seele. Gerade heute wo Gesundheit, oder das was Menschen dafür halten, eines der Top Themen ist. ist Gebrechlichkeit kein Thema über das man gerne reden möchte. Insbesondere weil Krankheiten auch häufig in den Kontext des individuellen Fehlverhaltens gerückt werden. Als weitere Zutat zur Krise kommt dazu, dass ausgerechnet die Menschen, die einem ein Leben lang Sicherheit vermittelt haben nun unsicher werden. Auch hier erinnere ich daran, dass es Ausnahmen gibt, ich beschreibe die Regel. Weiterhin kommt finanzielle Unsicherheit dazu. Die Erkenntnis, das Hilfe Geld kostet kommt oft erst mit dem ersten Kostenvoranschlag oder Angebot. 

Diese Gemengelage trifft jetzt Menschen die bisher ein selbstbestimmtes geregeltes Leben hatten. Auch die, die bisher die Hilfe in Eigenregie geleistet haben. Ich bestreite auch hier nicht, dass diese Menschen vorher keine Zwänge und Sorgen hatten. Sie mussten diese allerdings noch nicht mit Fremden teilen. 

Und damit fangen die eigentlichen Probleme erst an.

Die pflegenden Angehörigen

Die pflegenden Angehörigen sind Profis in Pflege, so denken die meisten. Aus professioneller Sicht kann man das nicht sagen und das Gros kommt nicht über das Stadium ambitionierter Amateur hinaus. Das ist, so glaube ich, für die allermeisten Belange auch gar nicht nötig. Denn Hilfebedarf ist nicht gleich Pflegebedarf. Nun denkt der ein oder andere, was schreibt der da, mein Angehöriger kann gar nicht alleine sein, also braucht er Pflege. Diesen Satz habe ich schon 1000 mal gehört. Die professionelle Sicht ist da ganz anders. Nicht jede Hilfe ist Pflege und genau so dramatisch und auch oft im familiären Setting gesehen, nicht jede Pflege ist Hilfe. Allzu oft liefen Gespräche mit pflegenden Angehörigen nach folgendem Muster ab. 
"Wie können wir ihnen Helfen?"
"Sie sehen ja, meine Frau (hier darf jeder einsetzen was er möchte) kann gar nichts mehr"
Die Frau sitzt am Tisch und trinkt Kaffee.
"Ich sprach mit Ihrer Frau"
"Sie versteht gar nicht was hier los ist!"
"Lassen sie mich anders Fragen, was genau machen sie für Ihre Frau?"
"Alles!!"
"Aha, und wie kommen wir dann ins Spiel?"
Hier folgt eine ellenlange Beschreibung dessen was der Angehörige macht. Von Zeitung vorlesen bis Wäschewaschen. Daraufhin eine exakte Beschreibung was die Pflege tun soll. Wobei hier Körpernahe Dienstleistung, in der Regel, ausgenommen sind, es sei denn sie sind körperlich sehr belastend. 
Dann kommt die Stunde der Wahrheit, man erklärt, was man bei, Achtung, Pflegegrad 3 so tun kann und was die Wünsche extra kosten. 

Kosten? ja Kosten! 
Da ist der Erste Konfliktpunkt gegeben. Man Erklärt das System des SGB XI und erntet wenig Wohlgefallen. Schweren Herzens überlegt sich der Angehörige sich ein Angebot machen zu lassen, in dem der Pflegegrad ziemlich ausgeschöpft ist.
Von nun an wird man bis zur Erstellung des Angebotes nicht behelligt.
Dann wird es Ernst. 
Der Pflegedienst kommt. Und da zeigt sich der wahre Pflegeprofi. Der Angehörige fragt nach dem guten Tag erstmal nach Qualifikation, Berufserfahrung ob man jemals schon einmal eine so schwere Pflege gemacht hat. Er erklärt wie genau man jede Handreichung zu machen hat und warum. Kleinste Hinweise auf andere Möglichkeiten dies zu tun lehnt er ab, in der Regel mit Vehemenz. 
Da schlägt die Stunde des echten Pflegeprofis, man hört zu und ordnet ein was der Angehörige sagt und versucht zu verstehen wie er so denkt. Weil, glauben sie mir, das meiste was sie zu hören bekommen ist medizinisches Halbwissen gepaart mit Betreuungshinweisen. Ja, es kann auch Spuren von Pflege enthalten, aber in der Regel ist das nicht der Fall.

Warum ist das so?

Das muss man in verschiedene Aspekte aufteilen.

Zum Ersten, und das ist ein Punkt der wirklich fast ausnahmslos jeden Angehörigen betrifft, egal ob pflegend oder nicht: Sie haben keine Ahnung was Pflege ist! Sie glauben Pflege ist da sein mit waschen und zur Toilette bringen und wissen was der Angehörige für Tabletten nimmt. Das kann man ihnen aber auch gar nicht übel nehmen. Das Bild was öffentlich von Pflege gezeigt wird, lässt ja keinen anderen Schluss zu. Dabei wird sich eben auch des Midsets der Angehörigen bedient. 

Zum ersten ist es die Angehörigen als größten Pflegdienst Deutschlands zu bezeichnen. Das mag aus Sicht von Politik oder vielleicht auch Medien so wirken. Problematisch ist die Bezeichnung wenn man Versucht ein Gespräch mit Angehörigen zu führen. Es Suggeriert eine Augenhöhe die nicht da ist. Pflege wird als etwas wahrgenommen, was im Prinzip jeder kann, wenn er sich nur damit beschäftigt. Und diese Einstellung habe ich schon hundertfach getroffen. Das ganze kann gut gehen, solange die fachfremde Einschätzung der Angehörigen mit der professionellen Ansicht der Fachkräfte zusammenpasst. Ist das nicht der Fall passiert in der Regel Folgendes: 
Die Angehörigen berufen sich darauf den zu Pflegenden besser zu kennen, erklären was WIR zu tun haben weil wir ja Dienstleister sind. Dort könnte die Geschichte nun Enden. Es gibt aber ein Problem, die Angehörigen sind nicht die, die Pflege benötigen. Es ist der zu Pflegende! Und wenn sich die Ansichten der Angehörigen mit fachlichen und evidenzbasierten Verfahren überkreuzen verlangt es das berufliche Selbstverständnis einer Pflegekraft für seinen Patienten einzutreten. Der Konflikt ist vorprogrammiert. 
Zum Zweiten ist ein Problem. dass gefährliches Halbwissen heute überall verfügbar ist. Dazu fällt mir nur das Bonmot ein: 

Ich habe meine Symptome gegoogled, ich hab entweder einen Schlaganfall oder eine defekte Zylinderkopfdichtung.

Das trifft den Kern mancher Aussagen im Internet voll zwischen die Augen. Auch das führt dazu, dass Aussagen der professionellen Pflege gerne mal, mit entschuldigen sie, Internet-Bullshit in Zweifel gezogen werden. 
Aber auch hier, woher sollen die Menschen das auch wissen. Es ist müßig sich daran abzuarbeiten.
Selbst wenn wir jedem erklärt hätten was Pflege ist und wie sie als Profession funktioniert, dann hätten wir ein Problem.
Und damit sind wir bei Punkt drei. Die Angehörigen haben Vorstellungen wie ihr Konkretes Problem gelöst werden könnte. Die pflegenden Angehörigen sogar ganz konkrete. Sie brauchen Unterstützung um den Alltag zu meistern. Wenn wir es nun aber nicht Pflege nennen, sondern das was es in der Regel  ist, Betreuung, Beaufsichtigung, Kontrolle wer unterstützt dann die Menschen? Sie ahnen es, Niemand!
Es gibt keine Betreuungsversicherung. Ein Großteil der im SGB XI hinterlegten Leistungen ist um es ehrlich zu sagen von einem dressierten Affen leistbar. Aber das ist es was den Menschen als Pflege verkauft wird. Ich Spoiler mal auf die Folge Mindset der Pflegefachkräfte, ist es nicht.
Angehörige verorten sehr Zielsicher Vorbehaltsaufgaben der Pflege, so wie auch Kompetenzen bei Beobachtungen und Interventionen zu fast 100% im medizinischen, sprich ärztlichen Bereich. Bei den einfachsten Dingen wird der Pflegekraft zu oft gesagt, wie können sie das sagen sie sind kein Arzt, oder fragen sie den Arzt, dem sind sie ja unterstellt. Das ist einfach falsch. Ärzte sind nicht unsere Chefs!
Aber auch das wissen eben viele nicht.
Grundsätzlich gehe ich davon aus, dass alle diese Dinge die ich genannt habe in bester Absicht für den zu Pflegenden passieren. Es ist ja auch nicht einfach sich Hilfe zu holen in einem so privaten Bereich. Das dort die Kontrolle nicht bei einem externen Menschen liegen soll ist nachvollziehbar. Das sind oft langwierige Prozesse bis sich eine von Respekt gekennzeichnete Zusammenarbeit entwickelt. Wer will denn such hören, dass vieles was man in bester Absicht für seinen Angehörigen getan hat vielleicht nicht zielführend oder gar schädlich war.
Die Problematik an der Situation ist, was vollkommen natürlich ist, die Angehörigen stehen zu einander in Beziehung. Das ist für viele Aspekte wichtig. Aber nicht für alle. Hand aufs Herz, wer glaubt nicht von seinen Lieben, dass er weiß wie die ticken und was sie benötigen oder ablehnen. Das stimmt, aber auch nur zum Teil. Insbesondere wenn es um einschneidende Lebensereignisse geht ist das was man sagt und das was man fühlt nicht immer das selbe. Mensch die man als starke und selbstständige Personen kennen gelernt hat zu sehen wenn sie auf Hilfe angewiesen sind macht etwas mit einem selbst. 

Oft ist die Reaktion den Menschen schützen zu wollen vor dem, was er vermeintlich nicht will.

Das Reden über den zu Pflegenden ist eine Sache die immer wieder vorkommt, auch wenn die Person anwesend ist. Pflegbedürftig zu sein heißt nicht, dass man seine Belange nicht vertreten kann. Das anzunehmen ist ein Symptom dieses Mindsets! 
Ich verstehe, dass man den Betroffenen davor schützen möchte in die Lage zu kommen vor anderen zu sagen was er benötigt. Aber ob man dem zu Pflegenden gerecht wird wird in der Regel nicht infrage gestellt. Die Rolle kann in der Regel kein pflegender Angehöriger einnehmen, meist auch dann nicht, wenn er selbst vom Fach ist. 
Der Abstand um den ganzen Menschen ohne Vorurteile in den Blick zu nehmen wird in der Regel nicht erreicht.
Ich meine nicht, und das ganz explizit, ein im schlechten Sinne gestelltes Vorurteil. Pflegende Angehörige sind immer einen langen Weg mit der Person gegangen um die es nun geht, daraus resultieren Rollenerwartungen die gestellt werden.
Um noch einmal auf Krisenphasen einzugehen. 
Auch wenn man bis zum eintritt in diese Phase gemeinsam gegangen ist, heißt es nicht, dass man danach noch die selben Ansichten hat. Vielleicht möchte, wenn er zum ersten Mal Pflege von außerhalb der Familie erfahren hat, der zu Pflegende einfach nur noch Zeit mit seinen Lieben verbringen ohne den Fokus auf den Verlust von Selbständigkeit oder Krankheit zu legen. Auch wenn sie sich geschworen haben, dass man gemeinsam alles schafft. Das Loslassen fällt den pflegenden Angehörigen unfassbar schwer. Sie wollen die Last tragen, auch wenn sie vielleicht schon lange viel zu schwer ist. Es fühlt sich an wie scheitern. Und da sind wir wieder bei dem oben bereits erwähnten da sein. Es ist verfügbar sein, vor Ort sein und jederzeit bereit. Das kann Pflege natürlich nicht leisten. Es ist ehrlich gesagt auch noch nicht nötig, zumindest aus pflegerischer Sicht. Angehörige möchten helfen, keine Frage. Aber wobei? Es ist ihnen nicht vorzuwerfen, dass sie den ganzheitlichen Blick nicht haben. Eine Mischung aus selbst induzierter Verantwortlichkeit für den zu Pflegenden, eigenen Möglichkeiten und auch einer Prise schlechtem Gewissen führen oft zu Überkompensation. Der zu Pflegende wird in Watte gepackt, er hat es ja schon so schlecht. Das führt dazu, dass Ressourcen des zu Pflegenden nicht genutzt werden und im schlechtesten Falle verkümmern. Es tritt oft eine schleichende Entmündigung des zu Pflegenden ein. Das geschieht aber in bester Absicht. Pflege ist ein Prozess in dem die Autonomie des zu Pflegenden weitgehend wieder hergestellt wird, es geht darum neue Wege zu finden und nicht alles verlorene zu 100% durch andere zu kompensieren. Auch müssen nicht alle zu Pflegenden den ganzen Tag beaufsichtigt werden. Es sind in der Regel erwachsene Menschen. Besonderheiten sind natürlich Menschen mit starken kognitiven Veränderungen, das wäre aber ein gesondertes Thema für einen Blogpost.  Ich kann dazu nur kurz sagen, ich habe kaum etwas gesehen wo soviel Überforderung, Leid und Scham bei den Angehörigen zu sehen ist. Das gehört in die Hände der Profis, wirklich. Sie werden damit nicht auf Dauer umgehen können, es wird Sie verändern und in der Regel nicht zum Guten. 

Zu dem Mindset gehört auch, entweder früher oder später, eine das steht mir zu Attitüde. Das ist verständlich, man gibt alles für den Angehörigen und braucht Entlastung. Was hier aber passiert ist folgendes. Wie man an der Formulierung schon hört geschieht hier ein Perspektivwechsel. Es steht mir zu unterstützt zu werden. Das ist aber gar nicht der Fall, dem zu Pflegenden steht Unterstützung zu. Nicht den Angehörigen. Auch bekommen die Angehörigen kein Pflegegeld, sondern der zu Pflegende. Es ist kein Lohn für die Mühe, sondern etwas was der zu Pflegende zur Verfügung bekommt um die Pflegepersonen bei Laune zu halten. Er braucht zu erst Unterstützung. Die Angehörigen sicher auch, aber es steht ihnen eben nicht zu. Daraus ergibt sich eine ziemlich ungemütlich Dreiecksbeziehung. Die Angehörigen fangen an ihre Belange vor die Belange des zu Pflegenden zu stellen. Sie wollen bestimmen was wir abzunehmen haben und wie wir es zu tun haben, sie sehen sich in der Kundenrolle.

Ich werde nun wie ich im ersten Teil erwähnt habe alle über einen Kamm scheren und sicher nicht jeder individuellen Situation gerecht werden. Ich bin mir aber sicher, dass pflegende Angehörige sich in einigen Punkten darin wiederfinden können.

Das Mindset:

1. Man möchte den Angehörigen nicht im Stich lassen
2. Man glaubt zu wissen was jetzt nötig ist, damit es dem zu Pflegenden gut geht
3. Man kompensiert weitgehend alle Dinge die nicht mehr wie früher gemacht werden
4. Man denkt wenig darüber welche anderen Möglichkeiten bestehen das Problem zu lösen.
5. Die Basis der Arbeit ist wie der zu Pflegende früher war und die aktuelle Situation wird verdrängt.
6. Die Angehörigen fühlen sich überfordert und haben keine weiteren Ressourcen.
7. Der Blick wendet sich auf die eigene Hilflosigkeit
8. Es wird viel über den zu Pflegenden gesprochen und wenig mit ihm
9. Der Prozess der zusätzlich nötigen Pflege wird nur aus der Perspektive des Angehörigen gesehen
10. Die professionelle Pflege wird als Kompensation der eigenen Hilfsbedürftigkeit gesehen und nicht der des zu Pflegenden.

Das führt dazu, dass die eigne Rolle nicht mehr ausreichend hinterfragt wird. Das ist aber für eine gesunde Pflegebeziehung(1) unerlässlich.

So sind Konflikte vorprogrammiert.

Nächster Teil:

Die nicht pflegenden Angehörigen

(1) BÜKER, Christa. Die Pflegebeziehung-Begriff, Besonderheiten, Bedeutung. Beziehungsgestaltung in der Pflege, 2019, 1. Jg., S. 15-43.


 

Donnerstag, 3. November 2022

Mindsets

Eine kleine Serie über Sichtweisen

Ich denke schon seit einiger Zeit darüber nach etwas über die verschiedenen Sichtweisen die von zu Pflegenden, Pflegefachkräften, Pflegehilfskräften, pflegenden Angehörigen und zu Letzt auch der Politik eingenommen werden. Natürlich ist mir klar, dass ich hier keinen Anspruch auf objektive Wahrheit erheben kann. Allerdings traue ich mir mit meiner Berufserfahrung zu ein Bild davon zu haben wie im Mittel die Sichtweisen sind. Es sollte jedem klar sein, es gibt Ausnahmen und auch in beide Richtungen. 

Allgemeines zum Diskurs

Damit sind wir auch schon bei einem Problem, was im Diskurs über Pflege, auch eigentlich in sehr vielen Diskursen, immer wieder aufkommt. Bitte scheren Sie nicht alle über einen Kamm

Diese Sichtweise, die als eigentlich selbstverständlich gilt, so meine ich, macht viele Probleme im Grunde unlösbar. Nicht auf der persönlichen Ebene, aber auf der gesellschaftlichen Ebene. Die Beachtung jeder Individualität ist ein Ziel, was am Ende, also bei der Ausführung und der Arbeit mit Ergebnissen eines Diskurses stehen sollte. Postuliere ich die Individualität am Anfang hat das Folgen, die, ich glaube das will niemand wirklich hören, zur Folge haben, dass das Motto sein wird jeder ist sich selbst der nächste. 
Es gilt, insbesondere für die Pflegepolitik, Ziele möglichst allgemeingültig zu formulieren. Der Einwand ein Ziel muss immer im Konsenz formuliert sein, halte ich für falsch. Dabei kommt oft nur der minimalste Nenner raus und man versucht so viele Einzelinteressen zu vertreten, dass man sich den Diskurs hätte sparen können. Eigentlich sollte das Lebenserfahrung sein: 
Eine Entscheidung macht nicht jeden Glücklich. 
Vielleich sollte ich hier auch noch an das viel zitierte salomonische Urteil erinnern. Dort wurde ein Urteil gefällt, nicht versucht alle beteiligten glücklich zu machen. Es ging auf neudeutsch um das beste Outcome für alle Beteiligten. Das ist das Wesen einer Entscheidung, es gibt immer Verlierer und Gewinner. Aber solange es mehr Gewinner als Verlierer gibt ist die Entscheidung nicht grundsätzlich Falsch. Genau deswegen muss man gedanklich ab und zu alle über einen Kamm scheren.
Ja, das ist Schubladendenken. Aber die Reduktion eines Problems auf überschaubare  Parameter macht meiner Meinung nach Entscheidungen erst möglich. Wer glaubt er könne mit einer Entscheidung allen helfen, der ist entweder Hoffnungslos romantisch, oder er hat keine Ahnung von der Komplexität des Problems. Wer das nicht glaubt, der überschätzt möglicherweise seine eigne Kompetenz.

Warum dieser Exkurs

Ich werde in meiner kleinen Blogpost-Serie einige Sichtweisen der beteiligten Gruppen beleuchten. Allerdings werde ich nicht jedem damit gerecht werden. Ich werde es ganz bewusst auf wenige Fakten die im Mittel zutreffen reduzieren. Ich möchte im Kern über meine Gedanken dazu aufschreiben und nicht jedes mögliche Szenario mit denken. Das ist, glaube ich, weder nötig noch sinnvoll. Ebenso bin ich mir bewusst, dass diese Serie auch nicht ohne subjektive Eindrücke auskommt. Ich denke, das  ist auch gar nicht nötig, deswegen werden ich auch nicht mit Belegen oder Zitaten arbeiten. Aber es soll Zeigen, warum die Mindsets bezüglich Pflege do unterschiedlich sind und es eigentlich mit dem Begriff Pflege schon anfängt. Und dazu habe ich auch eine kleine Aufgabe für die, die sich die Post Serie antun wollen. Was verstehen sie unter Pflege und Pflegebedürftigkeit und was ist für Sie Hilfebedarf und Hilfsbedürftigkeit.

Und wenn sie im laufe der Serie wieder erkennen und zu einer neuen Erkenntnis kommen, dann lassen sie einen Kommentar da. Ich hoffe, dass daraus ein Diskurs werden kann in dem man sich auch auf die Sichtweisen anderer Einlassen kann. Leider kann ich nicht sagen, dass jede Woche eine Folge fertig wird denn auch meine Zeit ist begrenzt. Trotzdem würde ich mir wünschen, dass der ein oder andere Leser es bis zu ende durchhält.


Euer Garcon

Nächste Folge:

Meine Eltern werden pflegebedürftig, was nun? Die Sicht der Angehörigen

Mindsets: Meine Eltern werden pflegebedürftig, was nun? Die Sicht der Angehörigen

  Meine Eltern werden pflegebedürftig, was nun? Die Sicht der Angehörigen Was ich jetzt beschreibe ist eine Sicht auf die häufigsten Erfahru...