Donnerstag, 4. Juni 2015

Zuwanderung wird es nicht Lösen

Zuwanderung als Lösung

In letzter Zeit findet man immer wieder die allmächtige Lösung für all unsere Probleme in denSozialsystemen: Zuwanderung!
Jetzt kann man mal mit Fug und Recht fragen, was genau soll sie bewirken und wie soll sie gestaltet sein?

Beispiel: Pflegenotstand in Deutschland. Hier soll die Zuwanderung helfen.

Dazu allerdings wäre ja folgendes Voraussetzung: Wir finden Zuwanderer, die qualifiziert sind als Pflegefachkräfte hier bei uns zu arbeiten. Sprich examiniertes Personal. Weiterhin denke ich, (und ich hoffe damit bin ich nicht alleine) ist eine umfangreiche Sprachkenntnis dringend geboten um im täglichen Umgang mit Patienten zu bestehen.

Die Frage ist: Wo finden wir das?

Spanien zum Beispiel, hohe Arbeitslosigkeit, EU Ausland, da sollte was gehen.
Klappt dann aber doch irgendwie nicht so richtig, warum nur? Beleuchten wir mal die Fakten: In Spanien ist die Krankenpflege ein Studium, also top-qualifizierte Leute, die sicher auch in der Lage sind deutsch zu lernen.
Allerdings glaube ich, dass wir da mächtig auf dem Holzweg sind und das gleich auf mehreren Spuren.
Die Pflege in Deutschland besteht aus verdammt viel fachfremder Arbeit. Weiterhin sollte man mal genau überlegen, warum entsteht in Deutschland ein Pflegenotstand? Allgemein wird gesagt, esentscheiden sich nicht genug Menschen für diesen attraktiven und angesehenen Beruf. Da sag ich mal: Dreist in die Tasche gelogen!
Ich sage auch warum, zuerst der Funken Wahrheit: Es entscheiden sich wirklich zu wenige für die Pflege, aber die Gründe sind nicht, weil sie nicht erkennen, dass der Beruf so attraktive Möglichkeiten bietet und bei denen die es glauben, falle ich vom Glauben ab.
Ein Beispiel: In einer Sendung wie Jauch oder ähnlichen Konsorten wird über Pflege gesprochen. Eine junge Dame in Ausbildung spricht über den Beruf und zeichnet ihn in schönsten Farben. Im Verlauf sagt sie, besonders die zahlreichen Fortbildungsmöglichkeiten würden sie interessieren, zum Beispiel die zur Pflegedienstleitung. Dann folgt der Hammer. Die junge Kollegin ist grade einmal 4 Wochen dabei. Aber wer denkt, okay mach mal weiter und dann wirst sehen, guckt wenige Sekunden später dumm aus der Wäsche. Eine weitere Kollegin wird gefragt, vorgestellt als
Pflegefachkraft. Sie bestätigt brav das Bild der jungen aufstrebenden Kollegin als richtig, viele
Fortbildungsmöglichkeiten, da könnten die Kollegen in ungeahnte Höhen aufsteigen. Geiler Beruf also.

Jetzt frage ich mich: Was für einen Notstand haben wir denn aktuell in der Pflege? PDL Notstand oder Pflegenotstand?

Von der erfahrenen Kollegin wird also gesagt, in der Pflege geht die Karriere steil nach oben.
Dumm nur wer es glaubt! Wo sollen die ganzen Leitungstellen denn herkommen? Sie selbst, so stellte sich dar, wird ihre PDL Stelle so schnell sicher nicht räumen. Sie macht es ja auch schon 10 Jahre. Das Fortbildungsgefasel dient also lediglich dazu, jungen Schülerinnen und Schülern falsche Hoffnungen zu machen und ist völlig realitätsfremd. Uns fehlen Indianer, keine Häuptlinge!
Aber da wären ja auch noch die Fachweiterbildungen und Zusatzqualifizierungen. Toll, da lernt man wirklich viel. Und GÄBE es irgendwelche Vorschriften wie „Auf einer Intensivstation darf nur Fachpersonal für Anästhesie- und Intensivpflege arbeiten“ oder „Auf einer Demenzstation müssen
mindestens XY Fachkräfte für Demenzpatienten anwesend sein“ dann ja dann WÜRDE das alles einen Sinn machen. Gibt es aber nicht. Fortbildungen sind Luxus. Den Arbeitgeber interessiert das lediglich an den Stellen, wo er Fachpersonal vorhalten muss. Was bedeutet: Klar kannst Du Dich fortbilden, allerdings nur, wenn dein Arbeitgeber zufällig Lust dazu hat, das viele Geld dafür auszugeben oder Du eben selbst bezahlst. Ach ja, und nach erfolgreicher Fortbildung, machst Du natürlich wieder den gleichen Job wie vorher und wie alle anderen auch zu den gleichen miesen Bedingungen. Mit etwas Glück für ein paar Euro mehr, wobei allerdings dann auch das Ende der Karriereleiter erreicht wäre. Das wird leider auch die junge, aufstrebende Kollegin bald feststellen müssen. Wie auch einige andere Sachen, die ich noch beleuchten will. Sie wird merken, dass 20 andere Kolleginnen exakt den gleichen Plan im Kopf haben: „WEG VOM BETT“ Weil jedem schnell klar wird, dass diese Schlagzahl einfach nicht lange durchzuhalten ist und schon gar nicht bis ins Rentenalter. Was daraus folgt ist oft eine interessante Wendung. Junge Kollegin gibt Gas. Und zwar richtig! Sie ist fleißig, übernimmt Schichten, springt ein, gibt 105%. Jeden Tag. Dumm nur, das machen die 20 anderen
auch. Erfolg der Geschichte, Null!
Naja gut, einer hat Erfolg, der Betrieb nämlich. Menschen, die nach Einspringen betteln, jede auch noch so Arbeitszeit Gesetz verletzende Schicht machen sind ihm nur recht. Warum auch nicht? Wie haben wir jüngst aus dem Fall aus Frankfurt gelernt, bei Netto 12 Cent Strafe pro Verstoß ist das Risiko ja überschaubar.
Unsere dann nicht mehr ganz so junge Kollegin wird irgendwann merken, nach oben geht es nicht, also ist überleben angesagt. Familie war doch eigentlich auch geplant, aber wie? Kitas die um 5 aufmachen, bis 23 Uhr geöffnet haben oder gar nachts Kinder beaufsichtigen? Fehlanzeige! Aber da können wir in unserem verantwortungsvollen Beruf ja unser üppiges Gehalt für Tagesmütter
ausgeben. Diese warten nur darauf, dass sie spontan Samstag Abend angerufen werden weil man einspringen muss...
Es folgt, was leider sehr sehr sehr oft folgt: Der Abschied vom Bett, final.
Raus aus der Pflege.
Was hat das jetzt mit meiner Ausgangsfrage zu tun? Alles! In einem Beruf, in dem der Durchschnitt 6 Jahre durchhält, hat man keinen Fachkräftemangel, sondern ein Abnutzungsproblem.
Was sollte also einen Zuwanderer mit guter Bildung, möglicherweise sogar mit Hochschulabschluß dazu bringen für 1500 Euro Netto in einem Altenheim bei uns zu arbeiten? Genau, einzig und allein finanzielle Not!
Das ist der Grund warum es nur über Zuwanderung klappt, in einer völlig von Rationalisierungzerfressenen Branche mit kargen Löhnen, wird man keine hochmotivierten Leute mehr nach Deutschland ziehen. Und es dann bei ärmeren zu Versuchen weil mir die eigenen Leute auch noch desertieren, ist gelinde gesagt eine skrupellose Nummer. Keiner hat die Eier zu sagen, dass dieses  System gestern noch am Abgrund stand aber heute schon einen Schritt weiter ist. Das Setzen auf Zuwanderung ist nicht der Fallschirm sondern erhöht nur die Fallhöhe!
Genau wie unsere Kollegen hier werden diese Zuwanderer erkennen, das das System stinkt! Und sie werden gehen, noch schneller noch kompromissloser als wir, denn sie haben es schon einmal getan. Diese Leute haben auf der Suche nach guter Arbeit ihr Land verlassen, was sollte sie gerade in unserem halten? Wer meint, man könnte das System so retten, hat für die Realität keinen Sinn mehr.
Das ist Flickschusterei! Im übrigen denke ich, dass eine Gesellschaft die versucht, ihre offensichtlichen Probleme in der Zukunft zu verharmlosen, auch kein besonders attraktiver Ort für Zuwanderer ist. Wir verlieren Tag für Tag gute Kollegen, die sich aus dem Gesundheitssystem verabschieden und anstatt, dass dieses
Problem gelöst wird, hofft man, in dem man andere Länder ihrer Pflegekräfte beraubt, das Niveau zu halten. Logisch, jetzt ist es nicht mehr zu schaffen ohne Zuwanderer. Aber nur wenn wir weitermachen wie bisher. Hier sollte der Gedanke der Nachhaltigkeit mal Einzug finden. Ein System, was ständig neue Leute ausbilden muss weil andere flüchten kann nur teuer werden und wer meint, das könne man umgehen, in dem man eine Abkürzung nimmt, der wird scheitern.

Zuwanderung ist sicher auch notwendig, aber die alleinige Lösung ist sie keinesfalls.
Die Lösung, das verspreche ich, wird kommen und sie wird Geld kosten, viel Geld. Jeden Tag, denwir abwarten anstatt zu handeln wird es teurer machen. Mit der Generation 50+ werden Märkte für Pflegekräfte außerhalb des Systems entstehen, denke ich. Viele der Babyboomer haben Vermögen,wenige Kinder, die es übernehmen könnten, und wollen bestimmt nicht im Akkord gepflegt werden.
Wenn das passiert gibt es einen freien Wettbewerb um Pflegekräfte spätestens dann ist das heutigeSystem tot! Nachsehen hat dann, wer kein Geld hat, dem bleibt nur zu hoffen.

Euer
Garcon de Piss

Keine Kommentare:

Mindsets: Meine Eltern werden pflegebedürftig, was nun? Die Sicht der Angehörigen

  Meine Eltern werden pflegebedürftig, was nun? Die Sicht der Angehörigen Was ich jetzt beschreibe ist eine Sicht auf die häufigsten Erfahru...