Pflegegestreik und was nun?
Ich beteilige mich nun von Anfang an an
der Mittwochsmahnwache unter dem Hashtag #pflegestreik. Deshalb
versuche ich jetzt mal für mich Bilanz zu ziehen und zu analysieren,
was da vorgeht.
Bei der Bilanz ist es recht einfach.
Das ganze bringt uns nicht weiter!
Einige wenige „Externe“ beteiligen sich, aber mediale oder gar
politische Resonanz geht gegen Null. #Pflegestreik ist als Thema
nicht sexy, aber warum?
Betrifft Pflege nicht früher oder
später jeden?
Ich denke schon!
Am Anfang dachte ich es liegt daran,
dass das Thema irgendwie schlecht ankommt weil man zugeben müsse,
dass man am falschen Ende gespart hat. Doch dann kam die aktuelle
Meldung, dass die Krankenkassenbeiträge steigen sollen. Kein
Aufschrei. Kein großes Gezeter.
Das ließ mich verwundert zurück. Es
ist also offensichtlich, dass Gesundheit den Menschen in diesem Lande
doch etwas wert ist.
Da bleibt ja nur der Schluß: Nur
Pflege ist nichts wert.
Das ganze irritiert mich.
Aber wenn man genau hinschaut merkt man
plötzlich warum. Dafür muss man alerdings genau hinschauen.
Ein Beispiel kam aus dem WDR. Es ging
darum weniger gebildete Menschen, in diesem Falle Zuwanderer in
Pflegeberufe zu bringen.
Jo, so hab ich auch geguckt.
Aber als ich, sagen wir es freundlich,
beim WDR rumgerantet habe, kam folgendes heraus:
Es waren Betreuungskräfte gemeint,
nicht die Pflegefachkräfte.
Da wurde mir plötzlich einiges klar.
Selbst gut gebildete Menschen haben keine Ahnung, dass Betreuung und
Pflege zwei verschiedene paar Schuhe sind!
Wenn das aber schon bei Journalisten so
ist, wie soll denn dann das Bild in der Öffentlichkeit sein?
Ich denke wir „Professionellen“
wissen es!
Pflege kann jeder, man muss sich nur
überwinden.
Ja, ich glaube viele nehmen ernsthaft
an, sie könnten jederzeit unseren Job machen wenn sie denn nur
wollten. Schließlich muss man in der Pflege ja nur seinen Ekel vor
Ausscheidungen und dergleichen ablegen und fertig.
Ich glaube, dass man uns für nette
Hilfsarbeiter der Ärzte hält.
Deswegen nimmt uns keiner Ernst! Man
glaubt es gibt genug arme Schlucker da draußen, die nur darauf
warten unseren Job zu machen, weil es ja irgendwie jeder kann. Man
glaubt, dass man im Notfall nur das Heer der Mütter und
Bildungsverlierer in den Beruf drängen muss und schwupp läuft es
wieder. Ob nun ein Baby wickeln oder die pflegbedürftige alte Dame,
wo ist da der Unterschied? Da muss man doch nichts für gelernt
haben.
Und genau das kotzt mich an! Und wie
mich das ankotzt! Ich habe jeden Tag die Verantwortung, dass Menschen
nicht vor ihrer Zeit abtreten müssen oder wenn es nicht mehr
abwendbar ist, in Würde und schmerzfrei sterben können. Ich muss
nachts mit Ärzten diskutieren, die genauso müde und scheiße drauf
sind wie ich, weil sie auch am Anschlag arbeiten. Ständig muss ich
wichtiges von unwichtigem trennen damit alles läuft, ja auch dann
wenn ich „Kaffee saufe“. Ausserdem muss ich noch jede Menge
berufsfremden Mist erledigen weil irgendwer irgendwann beschlossen
hat, dass Hilfskräfte nur Geld kosten. Irgendwo zwischen Frühstück
austeilen, Tischchen putzen und Exkremente entsorgen, sorge ich für
Medikamente, Infusionen, Untersuchungstermine und dafür, dass die
Patienten wenigstens das Gefühl haben ich wäre für sie da. Pflege
ist viel mehr als Hintern wischen und Patienten betüddeln. Ich bin
der, der dem Oberarzt kackendreist Desinfektionsmittel über seine
Griffel schüttet damit die Keime im Nachbarbett bleiben. Aber dafür
muss ich wissen was ich da tue und vor allem die Zeit dafür haben!!
Es kommt nicht primär auf Hände an!
Pflege ist ein Ausbildungsberuf mit staatlichem Examen und klar
geregelten Zugangsvoraussetzungen. Das müssen alle wissen. Jeder
sollte sich im Klaren darüber sein, warum das so ist! Wir brauchen
Hände, ja, aber mit hellen Köpfen.
Es wird Zeit die Menschen aufzuklären
was Pflege bedeutet und uns von der ebenso wichtigen aber eben eine
völlig andere Baustelle betreffenden Betreuung abzugrenzen. Das geht
jedoch offensichtlich nur mit Medienpräsenz.
Wir als Berufsgruppe müssen aufhören
am Boden zu liegen. Wir müssen laut, sichtbar und unüberhörbar
werden! Der Patient Pflege muss mit einem Arschtritt mobilisiert
werden. Das haben wir doch drauf werte Kolleginnen und Kollegen,
oder?
Wir müssen auf die Straße, aber nicht
vor Kliniken.
Wir müssen vor Landtage und den
Bundestag. Die schüchterne, zurückhaltende Pflege muss ins
Rampenlicht!
Nur dann können wir ausnutzen, was wir
können weil wir es tagtäglich machen. Menschen erklären was los
ist. Dann können wir erklären, was unsern Beruf ausmacht und warum
es auf uns und unser Fachwissen ankommt.
Die Pflege muss zum gesunden Menschen
kommen und nicht warten bis der kranke Mensch zur Pflege kommt!
Die meisten begreifen dann zwar
schnell, aber zu spät.
Deshalb liebe Kolleginnen und Kollegen,
steht auf seid laut! Es ist unser Beruf lasst ihn uns retten bevor
alles den Bach runter geht!
Euer
Garcon de Piss
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen